Kurzfristig Schauer, langfristig wieder freundlich – Konjunkturprognose 2020/2021 nach Corona

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und der Hauptverband der deutschen Bauindustrie (HDB) haben auf Anfrage der Bundesbank eine quantifizierte Konjunkturprognose als ersten Trendausblick nach dem Lockdown gegeben. Die Umsatzentwicklung im Bauhauptgewerbe macht deutlich: Die Restriktionen der Pandemie haben auch die Bauwirtschaft empfindlich getroffen. Klar ist: Die Coronakrise wird die Bau- und Immobilienwirtschaft in allen DACH-Ländern nachhaltig beeinflussen. Dennoch wird die Branche vergleichsweise glimpflich davonkommen.

Die Abfolge von Pandemie und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen – so der Bericht der ZDB – hätten einen Angebotsschock quer durch die Volkswirtschaft ausgelöst. Die Corona-Krise zwinge auch die Bauwirtschaft zu einer Neubewertung der Erwartungen. Aus verschiedenen Umfragen sei erkennbar, dass bereits sehr früh Aufträge in deutlichem Umfang storniert worden seien. Im zweiten Halbjahr 2020 werde mit einer weiterhin rückgängigen Auftragsvergabe gerechnet. „In einem optimistischen Szenario rechnen wir damit, dass die Bauwirtschaft am Ende des Jahres denselben Umsatz wie 2019 erwirtschaftet hat, was real immer noch einen Rückgang von ca. 3 % bedeuten würde“, heißt es im Bericht. Bei dieser Seitwärtsbewegung in 2020 (+/- 0%) würde ein Umsatz im Bauhauptgewerbe auf Vorjahresniveau in Höhe von ca. 135 Mrd. € erreicht.

In der Realität rechnen die Verbände allerdings mit einer nachlassenden Dynamik bei der Nachfrage nach Bauleistungen, einem erhöhten Preiswettbewerb und in der Folge mit einem schwächeren Preisauftrieb. Als Folge dieser Entwicklung sei mit einem realen Umsatzminus von 5 % zu rechnen im Vergleich mit 2019. Es ist zu erwarten, dass die Auswirkungen der Corona-Krise auch die Nachfrage nach Bauleistungen noch im Folgejahr 2021 negativ belasten wird.

Wirtschaftsbau schwierig, Wohnungsbau gut

Am stärksten macht sich der Umsatzrückgang im Wirtschaftsbau bemerkbar. Die Forschungsinstitute erwarten 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 4,2 %. Besonders betroffen sind der Einzelhandel, der Tourismus und die Dienstleistungen – Bereiche, die das Segment im vergangenen Jahr getragen haben. Dies wirkt sich nominal in einem Minus von 3,5 % bzw. real von ca. 7 % aus. Relativ gut steht dagegen der Wohnungsbau da. Wegen des gleich bleibend hohen Bedarfs an Wohnungen rechnet das Baugewerbe mit einem nominalen Umsatzplus in Höhe von 3 %. Die unmittelbar nach dem Lockdown erfolgten Auftragsstornierungen haben zwar deutlich gezeigt, dass Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit private Eigenheimbauer ausbremst. Diese Auswirkungen der Corona-Krise werden aber wohl lediglich temporär sein.

Wie sieht es in Österreich und der Schweiz aus?

Für Österreichs Wirtschaft sagt die OECD nach einem Rückgang um 6,2 Prozent in 2020 ein Wachstum von 4,0 Prozent 2021 voraus. 2022 könnte die Wirtschaft dann wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Auch hierzulande bereitet die Zurückhaltung der Gemeinden und Städte den Vertretern der Baubranche die größte Sorge. Aber auch vom Tourismus, dem Büro- und Geschäftsbau könnten sich die Firmen derzeit kaum Aufträge erhoffen, so Hans-Peter Haselsteiner, Vertreter der Bauindustrie in einer Pressekonferenz. Im Jahr 2018 tätigten allein Städte und Gemeinden Bauinvestitionen in Höhe von fast 3 Mrd. Euro. Selbst wenn nur ein Teil davon einbreche, sei die Branche – von Gewerbe über Industrie bis zum Baunebengewerbe – in Gefahr. Eine Umfrage bezifferte den Umsatzverlust in der Baubranche Ende April mit 1,8 Milliarden Euro.

Eine Konjunkturumfrage im Bausektor vom April 2020 zeigt auch in der Schweiz eine merkliche Abkühlung der Baukonjunktur. Zwar werden Großprojekte nach wie vor realisiert, wenn auch mit Verzögerungen aufgrund von Hygienevorschriften. Allerdings bremst auch hier die Unsicherheit in der Bau- und Immobilienbranche wie auch in der gesamten Wirtschaft Investitionsentscheide von Unternehmen und Privathaushalten aus. Insbesondere der industriell-gewerbliche Bau dürfte ein schwieriges Jahr vor sich haben, so das Fazit der Verbände.

Chancen und positiver Ausblick

De fakto wird die Bau- und Immobilienwirtschaft aber in allen 3 Ländern vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Krise kommen. Und in der Pandemie liegt auch eine Chance: Allgemein wird damit gerechnet, dass sich der Corona-Lockdown als Katalysator für die Digitalisierung in der Bauindustrie auswirken wird. Außerdem zeigen sich Branchenvertreter auch mit dem im Juni von Bund und Ländern aufgelegten Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro zufrieden. Indem mit Förderungen gerade die Kommunen gestützt werden, die mit einem Anteil von 60% der wichtigste Auftraggeber öffentlicher Bauinvestitionen sind, bleibt die Leistungsfähigkeit der Bauindustrie als Konjunkturmotor erhalten. „Die Bauindustrie ist gewappnet, den erforderlichen konjunkturellen Aufschwung nach der Krise erfolgreich zu gestalten und ihren Teil zur wirtschaftlichen Erholung in Deutschland und Europa beizutragen. Nun muss das Konjunkturprogramm an Fahrt gewinnen“, so das Résumée von HDB-Hauptgeschäftsführer Dieter Babiel.

Autor: Eva-Marion Beck

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